In der ersten Juliwoche 2025 fand die InterkulTOUR für Jugendliche im Bezirk Pankow statt. Die Projektwoche wurde zum zweiten Mal vom DiReKiJu / dem Berliner Forum der Religionen organisiert. Sechzig Schüler*innen des Heinrich-Schliemann-Gymnasiums und der Willkommensklassen der Ernst Litfaß Schule für Mediengestaltung und Medientechnologie machten sich auf Entdeckungstour durch ihren vielfältigen Bezirk: Dabei spielen Fragen um die eigene Identität, Kultur, Geschichte und Religion eine besondere Rolle. Jugendliche mit unterschiedlichen Lebensgeschichten treffen in der InterkulTOUR aufeinander, um mit- und voneinander zu Lernen – jenseits von Filterblasen und ganz analog. Eine Woche lang ein Echtzeit-Real.
Zum Auftakt wurden die Jugendlichen zwischen fünfzehn und Anfang zwanzig von der Bezirksbürgermeisterin Dr. Cordelia Koch und der Beauftragten für Partizipation und Integration Pankow Forouzan Forough herzlich willkommen geheißen! Im großen Saal des Rathauses Pankow gab es auch gleich ein Kennenlern-Warm-up, das dann im Jugendzentrum Schabracke fortgeführt wurde. Wichtiges Element, das die gesamte InterkulTOUR durchzieht: Die Theaterpädagogik! Um integrativ und über sprachliche Barrieren hinweg zusammenzufinden und sich kennenzulernen, haben die drei Theaterpädagoginnen Isabell Lückerath, Bri Anne Schröder und Ute Zimmermanns spannende Methoden einfallen lassen. Von Spielen bis hin zum Forumtheater durchzogen theaterpädagogische Elemente die gesamte Woche.
Immer dabei: Zwei Präventionsbeauftragte der Berliner Polizei des Bezirks, die auch einen Workshop zu Gewaltprävention angeboten haben! Francis Thiel und Florian Schild begleiteten die Schüler*innen die gesamte Woche und waren für alle Themen ansprechbar.
Das Programm beinhaltete Besuche religiöser Orte wie die Synagoge in der Rykestraße, die Khadija Moschee in Heinersdorf, den Jagannatha Tempel der ISKCON in Weissensee als auch die Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg. Immer wurden die Schüler*innen von Vertreter*innen der jeweiligen Glaubensgemeinschaft willkommen geheißen und erhielten einen ersten Einblick in die jeweilige religiöse Tradition. Aufgrund stärkerer Polarisierungen und Verkürzungen, die in den sozialen Medien verstärkt werden, sind direkte, analoge Kontakte unerlässlich, um mit Menschen verschiedener Weltanschauungen ins Gespräch zu kommen. Gerade die Ahmadiyya-Gemeinde war vor zwanzig Jahren starken Anfeindungen und massiver Islamophobie ausgesetzt, als sie in Heinersdorf ein Grundstück erwarben, um dort die Khadija-Moschee zu bauen. Diese Auseinandersetzungen führten zur Entwicklung der InterkulTOUR im Bezirk Pankow.
Mit viel Engagement haben die Vertreter*innen der Religionsgemeinschaften Zeit mit den Jugendlichen verbracht und Fragen beantwortet, für die im schulischen Kontext oft der Ort und auch das Wissen fehlt. Wichtige Botschaft, die alle Beteiligten an die Schüler*innen weitergaben: Eine religiöse Überzeugung findet nicht nur im privaten Umfeld statt, sondern ist mit einem gesellschaftlichen Engagement verbunden. Oder wie es Sheraz Rana, der Imam der Ahmadiyya-Gemeinde, es formulierte: „Im Zentrum jeder Religion stehen Frieden und Menschenfreundlichkeit. Eine gläubige Person sollte deshalb für alle Menschen einen Mehrwert darstellen – nicht nur für ihre eigene Community.“ Der Pfarrer Tobias Kuske ergänzte diese Haltung, in dem er auf die lange Tradition der Friedensgebete für politisch verfolgte Menschen in der Welt hinwies, die nicht nur während der DDR-Diktatur, sondern noch heute in der Gethsemanekirche stattfinden.
Freiheit braucht Wissen über sich selbst und auch über die Geschichte eines Ortes oder Landes. Deshalb waren die Jugendlichen auf den Spuren der ehemaligen jüdischen Bewohner*innen des Kollwitz-Kietzes unterwegs. Schüler*innen der Willkommensklassen des Ernst Litfaß-OSZ berichteten an den Stolpersteinen über die Schicksale der Jüd*innen des Kietzes. Die Schüler*innen des Schliemann-Gymnasiums führten über die Mauergedenkstätte an der Bernauer Straße und ließen die Geschichte des Mauerbaus und deren Fall lebendig werden.
Wichtig waren auch die Momente des gemeinsamen Essens: Die Jugendlichen bereiteten füreinander ein Mittagessen vor oder lernten köstliche Speisen der Gastgeber*innen kennen! Zudem gab es immer Raum für Spiele und Sport. Kultur zum Erleben gab es auch während eines Lindy Hop-Workshops mit Marcel Boileau. Der Tanz wurde von Afro-Amerikaner*innen in New York der 1920er Jahre erfunden, war während der NS-Diktatur verboten war und ist heute wieder gerade in Berlin sehr beliebt.
Der Schriftsteller Navid Kermani bringt mit dem Titel seines gleichnamigen Buchs das Motto der InterkulTOUR auf den Punkt: „Jeder soll von dort, wo er steht einen Schritt näherkommen!“ Du bleibst, wer Du bist, aber Du kommst näher und rückst zusammen, um besser zu sehen und zu verstehen! Erste Schritte wurde in diesen Tagen gemeinsam gemacht!
Tanja Klett
Die Projektwoche InterkulTour wurde gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt und vom Bundesministerium des Innern und für Heimat in Umsetzung der Ziele der Deutschen Islamkonferenz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages durch das Projekt „Weißt du, wer ich bin?„.
































